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Pässe machen

Nacht!

Apropos teuer: Vor drei Jahren hatten wir für Lilia einen Paß beantragt und dazu nach Manchester fahren und unsere Unterschriften unter die Namenserklärung vom Honorarkonsul bestätigen lassen müssen. Unschwer kann man der Berufsbezeichnung entnehmen, daß dafür bezahlt werden mußte, und ich weiß noch, wie wir damals ob des Preises die Nasen in Falten legten und unsere Stirn rümpften.

Warum erwähne ich das? Werdet Ihr gleich sehen.

Axt im Walde

Kann sich noch jemand an Bundesinnenminister Zimmermann erinnern? Damals hieß es immer "Die Axt im Haus erspart den Zimmermann". Damals war ich noch recht jung, aber ich kann mich noch erinnern, daß seine Ernennung in meiner näheren Umgebung nicht besonders positiv aufgenommen wurde. Meine Erinnerung mag mich trügen: Seitdem scheinen Bundesinnenminister nicht besser geworden zu sein.

Mit dem aktuellen habe ich zwei grundlegende Probleme: Eine gewisse Tendenz zur übertriebenen Einmischung in meine Privatsphäre ist eins. Das Andere kommt daher, daß der Herr Bundesinnenminister "Sicherheit" irgendwie falsch deutet und gerne Deutschland (oder Europa?) in einen Hochsicherheitstrakt verwandeln zu wollen scheint.

Kleiner Einwurf

Wer keine Lust hat, sich einseitiges Gemeckere durchzulesen, der möge mir verzeihen und auf den nächsten Bericht warten. Sorry.

3 Jahre später

Ines ist 3 Jahre nach Lilia geboren. In diesen 3 Jahren hat sich das eine oder andere geändert, ist ja klar. Administrative Schritte soll man nie auf die leichte Schulter nehmen, auch klar.

Kurz nach ihrer Geburt beschließe ich also eines Tages Anfang März, mich mal auf den Webseiten der Deutschen Botschaft schlau zu machen, wie wir wohl diesmal einen Paß bekommen werden. Wir planen Anfang Juli eine Reise nach Frankreich und ich bin mächtig stolz, daß ich mich so früh darum kümmere.

Da Souad und ich nicht den gleichen Nachnamen führen, mußten wir für Lilia (oder eher für die deutschen Behörden) vor 3 Jahren die Namenserklärung abgeben. Ich frage also schonmal beim Honorarkonsul an, wann wir vorbeikommen könnten.

Nebenbei probiere ich, die Botschaft in London anzurufen, um ein paar Details zu klären:

Sicher kann man das ja auch hier in Manchester beim Honorarkonsul machen.

Der Beweis - Souad und Ines vor Big Ben. Rechts die Demo.

Nur eine Woche später habe ich zwei Auskünfte: Die Namenserklärung braucht man nur einmal zu machen, die gilt dann für alle zukünftigen Kinder mit. Und der Honorarkonsul kann das nicht, man muß wirklich nach London! Äh, hallo? Ja, beide Elternteile. Wie soll das denn gehen, bitte? Ich kann Ihnen einen Termin geben am 16. Juni um 9:30. You what? Ja wofür gibt's denn dann überhaupt Honorarkonsuln, wenn die nicht mehr ihren Job machen dürfen?

Hamburg!

Etwas später dann der Geistesblitz: Wir machen das in Hamburg! Ha! Ich fahr' doch nicht mit der ganzen Familie nach London wegen sowas. Bin doch nicht blöd.

Anfang Juni stehen wir dann in Bergedorf im Bürgerbüro, um einen Kinderreisepaß zu beantragen. Wir sind hervorragend vorbereitet, geraten aber leider an die falsche Person (vergleiche ähnliche Begebenheit von 2004). Resultat: Souad und ich werden beide zwangsabgemeldet, weil unsere Meldung in Bergedorf ja nur eine Scheinmeldung ist. ARGH!

Wieder in Manchester sehen wir uns nach Preisen für den Trip nach London um. Wir spielen kurz mit dem Gedanken, am 16. so gegen 5 aufzubrechen und noch am selben Tag wieder zurückzukehren, besinnen uns aber zum Glück eines besseren.

Der Beweis - Lilia und ich vor Big Ben.

Am Ende finden wir ein überraschend günstiges Hotel (GBP119) und relativ günstige Zugfahrkarten (GBP 128).

Wir fahren am Sonntag gegen Mittag runter, kämpfen uns durch eine Anti-Bush-Demo und spazieren dann im St-James-Park und begucken den Buckingham Palace. Lilia ist begeistert von der Tube (es gibt da so eine Sendung namens "Underground Ernie" auf CBeebies in der einige der Tubes die Hauptrollen (haha) spielen) und den Polizisten auf Pferden. Abends essen wir Pizza in unserem verblüffend grossen Zimmer. Für den Montag haben wir extra einen relativ späten Zug genommen, damit wir noch ein wenig den River Thames ansehen können.

Am Montag sind wir rechtzeitig in der Botschaft und nur knappe 3 Stunden später ist der Antrag erledigt. 3 Stunden! Den Zug erwischen wir so gerade eben noch.

Uff

Die nächsten 2 Tage müssen wir uns erstmal alle erholen und am Donnerstag kommt auch schon der Paß per Post.

Moral von der Geschicht: Vor 3 Jahren war der Paß noch so richtig billig. Und knappe GBP300 finde ich persönlich wirklich übertrieben für so ein Stück Pappe.

Interessanter Zufall, daß einer der ursächlich an dem ganzen Schlamassel sicher Verantwortlichen gerade London besuchte, als wir ankamen. So gesehen war die große Demonstration für Ines. Und das in ihrem zarten Alter!

Die naheliegende Frage, bevor sie jemand per Mail stellen muß: Wie sind wir denn mit Ines aber ohne Paß im Juni nach Hamburg und wieder zurück gekommen?

Wir haben sie im Rucksack versteckt, ganz einfach.

Zum Glück haben die Algerier eine etwas entspanntere Einstellung zu solchen Dingen. Souad hat ihren Paß kurz zum Konsulat geschickt wo dann Ines als ihr Kind eingetragen wurde. Für die Ausreise aus England und die Einreise nach Deutschland war das ausreichend. Bei der Einreise nach England auf dem Rückweg allerdings wäre es fast schiefgegangen, denn Souads Visum gilt trotz irreführenden Namens ("family permit") nur für sie. Zum Glück hatten wir a) eine Geburtsurkunde und b) mich dabei, sonst wäre Ines ausgewiesen worden.

Für die Einführung der Weltbürgerschaft! Und für einen grünen Innenminister, oder wenigstens einen von der FDP.

Cheers,
Jan

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