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Indien

Vannakam Allesamt!

Ich hatte schon einmal einen Bericht namens "Indien" geschrieben, damals war aber der Titel ein wenig anmaßend. Diesmal nun passt er aber hervorragend, denn ich war in - genau - Indien!

Hyperion folgt dem Ruf der Wildnis und heuert einen Teil des Supports für die Amerikaner neuerdings in Indien an, und zwar in Bangalore und in Chennai, formerly known as Madras. Neu angeheuerte Kollegen brauchen Training, also wurden und werden von April bis Juni Leute aus den USA und EMEA nach Indien geflogen, auf das unsere neuen Kollegen schnell einsatzfähig sein mögen.

Ich selbst war in Chennai alias Madras. Die Stadt liegt ziemlich weit im Süden Indiens und gar nicht so weit vom Äquator entfernt. Richtig, es ist warm in Chennai. Ein paar Kollegen in Bangalore hatten uns schon gewarnt, es würde sehr warm sein, aber im Flugzeug auf dem Hinweg saß ich neben einem Chennaier, der Bangalore als "kalten Ort" bezeichnete...

Millionen von Fischen an einem heiligen Ort in Chennai

Warm

Die Temperaturen in Chennai sind schlicht krass. Man gewöhnt sich daran nach einer Woche oder so, mehr oder weniger. Schwitzen tut man aber trotzdem wie noch nie. Am drittletzten Tag vor meiner Abreise kam es mir z.B. relativ kühl vor, es war aber 49 Grad warm. Dazu ist die Luft ziemlich feucht, meist über 85%. Abgefahrenes Klima...

Während die meisten meiner Kollegen hier "Mentoring" machen werden, also den neuen Kollegen helfen, wenn sie ihre ersten Supportfälle behandeln, war ich nur für Training hier. Gemeinsam mit einem externen Consultant und Trainer, Santhosh, prügelten wir 11 Arbeitstage lang von 4 bis Mitternacht Wissen in die armen Köpfe von 18 Leuten (deren Namen alle sehr lang sind, weswegen ich sie mir niemals merken können werde). Wir waren beeindruckt, wie gut die Jungs Wissen aufsaugen. Bisher hat keiner der Trainer einen negativen Eindruck, wir sind also alle sehr gespannt, wie das ganze Projekt ausgehen wird.

Da wir immer erst nach Mitternacht zuhause im Hotel waren, blieben uns leider nur die Wochenenden für Aktivitäten. Die Frühschichtler hatten es da besser. Unsere Wochenenden waren jedoch durchweg interessant. Wir hatten zwei Autos mit Fahrer zur Verfügung und ließen uns kräftig durch die Gegend kutschieren. Als Beispiel sei hier mal der beste Trip angeführt: Schlangenfangen am letzten Samstag

So liest man in Indien Zeitung

Schlangen fangen

30km südlich von Chennai findet sich Fisherman's Cove, ein Resort direkt an der Küste. Am Samstag wollen wir dort das Restaurant testen, selbiges ist aber geschlossen. Mehr zufällig kommen wir mit einem Angestellten in's Gespräch, der Freizeitkoordinator ist. Wir hatten vorgehabt, am folgenden Tag den Krokodilzoo um die Ecke zu besuchen, und wir fragen Patrick, wann man da am besten hingeht. Er schlägt vor, ausserdem auch noch einen kleinen Ausflug zu machen und Schlangen zu fangen.

Am nächsten Tag um 2 sind wir also wieder in Fisherman's Cove. Wir fahren dann mit Patrick weiter nach Süden, gabeln am Krokodilzoo noch einen Schlangenfänger auf und halten dann 5km weiter südlich einfach mitten im Nichts an. Neben der Strasse ist eigentlich nur Sand, auf beiden Seiten.

Im Krokodilzoo

Wir laufen etwa 500m von der Strasse weg in's Landesinnere, bis wir zu einem grossen Baum kommen, in dessen Schatten einige Büsche wachsen. Und mit gross meine ich wirklich gross. Der Schatten des Baumes muß so etwa 50qm gross sein, und in ebendiesem Schatten wachsen also die Büsche.

Der Schlangenfänger läuft direkt in die Büsche hinein und beginnt sogleich, mit seinem Stock herumzustochern, während uns Patrick erklärt, die Schlangen sässen bei der Hitze eben gerne im Schatten und da seien bestimmt so an die 20 Schlangen in diesem Gestrüpp.

Der Fänger findet auch ziemlich schnell eine Schlange, aber sie ist zu flink und entkommt in ein nahes Wasserloch. Er stochert dann weiter, mittlerweile unterstützt von einem Kollegen, der barfuss in die Büsche trabt. Der erste Schlangenfänger hat bereits den Biss einer Kobra überlebt, deswegen ist er dann wohl auch etwas abgebrüht...

Schlangen halten

Ein wenig später klappt es dann auch mit dem Fangen. Die Schlange ist erstmal ziemlich genervt und aggressiv, wird dann aber ruhiger, und so halten wir wenig später Schlangen in der Hand, ein ulkiges Gefühl. Ich wusste zum Beispiel nicht, daß Schlangen warm sind... bei 49 Grad Aussentemperatur wohl kein Wunder.

In freier Wildbahn mit einer Schlange in der Hand

Unsere Schlangenfänger finden noch ein paar weitere Schlangen (alle ungiftig), sowie die Haut einer Viper (nicht aber die Viper selbst), dann ziehen wir weiter zum Krokodilzoo und dürfen auch noch ein 2-jähriges Krokodilbaby halten. Ein interessanter Tag.

Ansonsten haben mir in Indien noch gefallen: Das Essen (war zu erwarten, hat sich aber als noch besser erwiesen als ich erwartet hatte), mit der Rikscha fahren (wie Achterbahn, nur besser), unsere Trainingsklasse und meine Mitstreiter (von denen ich 4 vorher nicht kannte).

Gerne gespart hätte ich mir den Besuch beim Zahnarzt. Ein für Juni zur Extraktion vorgesehener Weisheitszahn wollte nicht mehr und ich musste ihn in einem indischen Krankenhaus ziehen lassen. Das war ein wenig gruselig, letztendlich aber professionell und schnell erledigt, und das für nur 2370 Rupien (ungefähr 40 EUR). Das Hotel hatte mich an das Krankenhaus verwiesen, und wie sich hinterher herausstellte, war das wohl eines der luxuriösesten Krankenhäuser in Chennai. Nicht daß man das irgendwie erkennen könnte als verwöhnter Deutscher... der Wartesaal zum Beispiel wäre im Hauptbahnhof in Kabul auch nicht fehl am Platz gewesen.

An einem Sonntagmorgen um 8 in Chennai

"Verlust des Augenlichtes"

Malariatabletten wollte ich nicht nehmen, wegen der Nebenwirkungen, die von Pusteln und Schnupfen bis zu "Verlust und Verfärbung der Haare (manchmal reversibel)" und "Verlust des Augenlichtes" reichten. Das war auch eine gute Wahl: Ein Mitreisender im Flugzeug hatte mir auf dem Hinweg schon erklärt es gäbe keine Mücken in Chennai, wegen der Hitze. Ich habe in der gesamten Zeit auch nur 7 gesehen und 6 davon sind jetzt tot.

Nach meiner Rückkehr habe ich sogleich verkündet, bei der nächsten Gelegenheit gerne wieder nach Indien fahren zu wollen. Auch wenn der Flug etwas anstrengend ist, Indien ist es allemal wert.

Hajo,
Jan

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