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Frohe Ostern!

Die kleinen, feinen Unterschiede

Unser Haus ist sehr einfach zu finden: Man verläßt die Autobahn M60 an der Abfahrt 7, folgt der großen Straße nach Süden und biegt an der ersten Ampel nach rechts ab. Dann nimmt man die dritte links und fährt etwa 600m, schon ist man da.

Mir gefällt unsere Straße, weil sie relativ klein ist, und weil bei uns gegenüber große Bäume stehen und eine Wiese unseren Vorgarten ziert, ebenso den unserer Nachbarn zu beiden Seiten.

Der Nachteil an der Lage ist, daß wir nach hinten raus sehr nahe an der oben genannten großen Straße sind. Die hört man zwar normalerweise nur im Gästezimmer, aber wenn Polizei, Krankenwagen oder Feuerwehr vorbeifahren, hört man das im ganzen Haus.

Und das bringt mich zum Thema, zu den kleinen Unterschieden zwischen den europäischen Ländern.

Die Polizeiwagen hier klingen z.B. genau so, wie man das aus amerikanischen Filmen kennt, während sie ja in Deutschland eher wie "Tatü-tata" klingen, wenn auch neuerdings ziemlich synthetisch. In Frankreich hat man ebenfalls eine Art "Tatü-tata", dort klingt das aber noch so, als würde einer fahren während seine Kollegen wie die Blöden in's Horn stoßen, also eher mechanisch.

(Und das erklärt ja auch, daß französischen Polizisten nachgesagt wird, sie verbrächten geraume Zeit in Cafés und Bars: Rauhe Kehle will geölt werden...)

Der Peak District ist voller Stauseen. Unter diesem See liegen zwei Dörfer...

Disclaimer

"Haftungsauschluß" ist ein beklopptes Wort. Das macht aber nichts, weil man es außer auf AGBs eigentlich nirgendwo benutzt. Im UK käme man mit so einem Wort nicht durch! In Kaufhäusern z.B. hängen an sämtlichen Pfeilern irgendwelche Schilder, die dieses oder jenes von der Haftung ausnehmen, und unter jeder Werbung für fett-arme Getränke und Speisen steht "kann nur in Verbindung mit einer Diät zu Gewichtsverlust führen", naja, und so weiter.

In Frankreich gibt's auch manchmal solche Disclaimer, aber es kommt immer darauf an. Worauf? Weiß man nicht. Normalerweise gibt's so'n Schmarrn auch nicht.

In Frankreich nicht vorstellen könnte ich mir die hier übliche Aufteilung der Supermärkte.

Man kommt rein und findet sich meist im Gemüse wieder, und zwar direkt, ohne Schranken oder Drehkreuze, durch einen geräumigen Eingangsbereich, der einem Hotel gut stehen würde. Neben oder noch vor dem Gemüse gibt es die obligatorischen, dreieckigen Sandwiches, die man ja mittags in der kurzen Pause schnell kaufen muß, deswegen stehen sie ganz vorne.

Die Kassen (viele, sehr viele) sind meistens irgendwo tangential zum Eingang aufgebaut, fast so als ob es dem Laden unangenehm wäre, daß man bezahlen soll. Da wo man reinkommt geht man nämlich auch wieder raus.

Mich würde mal interessieren, wieviel Ladendiebstahl es im UK so gibt, die Bedingungen scheinen jedenfalls ideal...

Und dann gibt es noch den "Self-Checkout". Da schiebt man seinen Einkauf selber über den Scanner direkt in die Tüte, drückt dann auf "Finish & Pay", wirft Geld ein und geht.

Völlig abgefahren und in Frankreich absolut unvorstellbar! Die Hälfte der Leute würde probieren, ohne zu Zahlen zu verschwinden, gar keine Frage. Zuhause würden Sie das dann ihrer Familie erzählen, die wiederum am nächsten Tag zum Laden hetzen und ebenfalls von dieser Unvorsichtigkeit profitieren würde. Ebenso die Kollegen, Freunde, Bekannte, Chirac und hastenichtgesehen...

Sein wir doch mal ehrlich, der Ladeninhaber hat doch ein Rad ab! Der will's doch gar nicht anders!

In Deutschland gibt es auch Schranken oder Drehkreuze im Supermarkt, soweit ich weiß. Aber noch ist es nicht zu spät. Noch könnt Ihr entscheiden, wo Ihr hinwollt: Wollt Ihr es so wie in Frankreich, wo man quasi automatisch erstmal probiert, was zu holen ist? Oder wollt Ihr es so wie im UK, gesittet und angenehm?

Wie im UK, wo man mit einer Tüte von Sainsbury's in der Hand zu Tesco gehen kann, und die einzige Frage, die die Kasiererin einem stellt, während sie die Dame vor einem bedient lautet: Möchten Sie, das wir noch eine weitere Kasse aufmachen, damit sie nicht so lange warten müssen?

Oder wie in Frankreich, wo man Taschen grundsätzlich am Eingang abgeben muß und wo das meistgeklaute Objekt in Supermärkten die Wegwerf-Rasierklinge ist?

Also ich ziehe ja die britische Variante vor, und deswegen gehe ich nicht mehr zu Media-Markt. Geiz ist kein Stück geil. So, jetzt ist es raus. Schämt Euch.

Überlauftrichter am Stausee. Interessante Konstruktion, finde ich.

Immer im Original

Der wirklich ganz große Vorteil am Leben hier: Alle Filme im Original!

Ich übertreibe natürlich. Französische Filme z.B. gibt es hier bestimmt gar nicht zu sehen. Was aber Hollywood-Kino angeht, haben wir hier alles, was das Herz begehrt. Abgesehen davon gilt die 80:20-Regel bestimmt auch für Filme: 80% des Geldes werden mit nur 20% der Filme gemacht. Aus britischer Sicht kann man also beruhigt davon ausgehen, daß wir hier alle Filme sehen können. Wen interessieren schon diese verqueren Billigstreifen?

Bisher habe ich zwei eher harmlose Filme gesehen ("50 First Dates" muß man wirklich nicht gesehen haben, alleine schon wegen des kotzenden Walrosses, und "Starsky & Hutch" ist zwar lustig, aber eben auch harmlos.), dafür aber in zwei verschiedenen Kinos:

Die Kinosäle selber scheinen hier auf dem Stand der Technik zu sein. Die Leinwände sind groß, die Sitze angenehm und schön steil angeordnet, und der Klang ist gut und schön laut. Man kann Nachos mit Käsesoße kaufen, Popcorn, Süßigkeiten, Getränke, was man halt so braucht. Anders als in Frankreich gibt es auch endlich wieder Bier im Kino!

Einer der Peaks, denen der Peak District seinen Namen verdankt. So richtig hoch sind die aber alle nicht.

Haaresbreite...

Neulich habe ich erfahren, daß ich meinen Job nur um Haaresbreite überhaupt bekommen habe! Anscheinend hatte Maurice, der das technische Interview mit mir gemacht hatte, keine Lust, ebendies zu tun. Er hatte wohl nach einem Blick auf meinen CV bechlossen, mich gar nicht erst anzurufen. Erzählt hat mir das Maria.

Die 46% im Test wären eigentlich auch nicht gut genug gewesen, der Headhunter hat aber wohl meiner Chefin dermaßen zugesetzt, daß sie mich trotzdem zum Interview eingeladen hat. Bester im Test war übrigens Jean-Marc. Er wurde ebenfalls zum Interview geladen und fing eine Woche vor mir an. Genau wie wir kam auch er aus Frankreich.

Jean-Marc hatte anscheinend über 50% im Test, und er kannte sich in den zwei wichtigsten Bereichen aus: Oracle und Java. Ersteres kannte ich gar nicht (und kenne ich immer noch nicht, aber das wird sich ändern...), bei letzterem hatte ich im Test ein wenig gepatzt. Dazu hatte Jean-Marc wohl noch Erfahrungen mit den Produkten gemacht, die unser Team supported, er war also die ideale Wahl.

Susan hatte in ihrem Ausblick für's Jahr geschätzt, sie brauche 7,5 Leute für den Support. Ich war die Nummer 8, das Ganze war also wirklich ein Grenzfall... und ironischerweise hat sich Jean-Marc als Flop entpuppt und ist auch nicht mehr da. Susan will aber jetzt erstmal mit 7 Leuten weitermachen.

Was mich daran erinnert: Fall irgendwer hier jemanden kennt, der Deutsch und Englisch spricht oder Französisch und Englisch oder alle drei, und falls derjenige Lust hat, in Manchester zu arbeiten, und falls er (oder sie!) sich noch mit Datenbanken auskennt, her mit dem CV! Susan sucht wieder, wenn auch nicht für den Job von Jean-Marc!

Interview

Eine weitere Laune des Schicksals führte dazu, daß ich letzte Woche zwei Telefoninterviews führen durfte, gemeinsam mit Maurice natürlich!

Die Interviews hatten zwei Teile, einen zum Thema "Fähigkeit, Support zu machen", und den technischen Teil, den ich ja auch per Telefon gemacht hatte. Da Maurice den ersten Teil noch nie gemacht hatte und ich den zweiten ebenfalls nur als Opfer kannte (während ich schon mehrfach Giuseppe dabei zugehört hatte, wie er den ersten am Telefon durchzieht), sollten wir also zusammen telefonieren und hinterher bewerten.

Aus Sicht des Interviewers kann ich mittlerweile verstehen, warum Maurice nach dem Interview mit mir dachte, ich wäre nicht geeignet. Aus Sicht des vor kurzem Interviewten taten mir beide Kandidaten leid, weil das technische Interview ziemlich lang ist (2.x Stunden mit dem ersten Kandidaten) und man frustrierend wenig weiß.

Am Ende waren wir beide völlig fertig, aber wir waren uns auch einig: Der Headhunter muß weitersuchen. Beim ersten Kandidaten war es sehr knapp, aber Susan wollte lieber einen guten Kandidaten auf längere Sicht als einen vielleicht nur mittelmäßigen Kandidaten sofort.

So bin ich also froh über meinen Job und das lange Wochenende, und ich wünsche Euch alles Gute!

Bis bald,
Jan

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