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Auto kaputt

Tachchen!

3. Oktober 2001

Kein ganz normaler Tag, aber auch kein besonders außergewöhnlicher...

Der Plan...

Der Plan sah so aus:

...und seine Ausführung

Am Abend vorher lese ich "noch kurz"[tm] mein Buch zuende (Michael Collins - "Carrying the Fire"). Der Mann war Astronaut und kann darüber sehr kurzweilig schreiben) und schlafe daher erst um 4. Infolgedessen stehe ich tatsächlich sehr spät auf, nämlich um 11 rum, und ich habe natürlich noch nicht gepackt, ihr kennt mich ja. Das rächt sich auch erst am Freitag: Kein Anzug dabei, so'n Schiet! Also los, Hemd, Krawatte und Weste kaufen, der Trip wird teuer...

Ich hatte am Tag zuvor auf der Webseite des Flughafens nachgesehen, wann der Flug denn nun genau sein würde, das Ticket hatte ich nämlich im Handschuhfach gelassen, weil es da nicht wegkommt. 14h40 war der Flug, also sollte ich um 13h15 beim CICA abfahren, und wenn ich noch Mail lesen will... naja, um 1 bin ich im CICA und um 20 nach 1 fahren wir tatsächlich los zum Flughafen.

Kurz vor der Autobahnauffahrt ruft Max an und fragt mich scherzhaft nach der Abflugzeit oder so, und mir fällt ein, daß wir nicht in meinem Auto sitzen, und daß mein Ticket besser in meiner Nähe aufgehoben wäre als im CICA... na super!

Wir also umgedreht, wieder zum CICA, Ticket geholt, und wieder los. Mittlerweile sind wir schon leicht gestreßt, und ich biete an, den Hinweg zu fahren, weil meine Fahrerin erst seit 8 Monaten überhaupt fährt und ich nicht will, daß sie aus Nervosität irgendeine Dummheit macht. Sie lehnt ab.

Auf der Schnellstraße sehe ich mir aus irgendeinem Grund mein Ticket an und lese "Departure 14h10". Verdammt! Das gibt's doch nicht!

Ich frage mich, was wohl passieren mag, wenn man sein Flugzeug verpaßt, bin mir aber andererseits sicher, auf der Webseite 14h40 gelesen zu haben, aber wir sind so oder so zu spät und ich sage noch sowas in der Art wie "Egal, nu isses zu spät, laß uns nur gemütlich zum Flughafen fahren und gucken, was ich jetzt machen muß". Ich habe das Gefühl, die innere Anspannung sei vorbei.

Im nächsten Moment sehe ich, wie wir an der Autobahnauffahrt nicht langsamer werden und meine Fahrerin auch sonst keine Anstalten macht, abzubiegen, also sage ich sowas wie "Ähm, hier...", sie sagt "Nein", ich sage "DOCH!", sie sagt was von "WOLLEN DOCH NICHT NACH CANNES!!", ich sage "HE!!!", wir sind vorbei, sie bremst, wir stehen.

Ich denke kurz "Scheiße, hier sollten wir nicht stehenbleiben...", sehe im Rückspiegel ein Auto, und bin plötzlich einen Meter weiter hinten. An den Knall kann ich mich nicht erinnern, nur daran, daß wir langsam wegrollen und wie meine Fahrerin mich anguckt, mit dem ängstlichsten Blick, den ich je gesehen habe, und daß ich ihren Kopf nehme und "Ruhig... ruhig..." sage, ziemlich oft. Dann bleiben wir stehen.

Mein nächster Gedanke ist dann schon "Hm... der Flug ist wohl weg...". Wir steigen aus und gehen die 50m zum anderen Wagen. Beide Autos sehen sehr kaputt aus, sehr. Der Fahrer des anderen Autos blutet leicht aus der Nase, der Beifahrer humpelt ein wenig und der Metallträger, der schräg bei denen im Auto hinten lag, hat niemanden verletzt.

Wir entschuldigen uns bei dem Fahrer des anderen Wagens, allerdings ist der nicht böse, sondern ersteinmal besorgt.

Ein Motorroller fährt an uns vorbei und guckt uns an. 50m weiter bremst er plötzlich und crasht in unser Auto. Er beschwert sich, aber wir vier sind uns einig, daß er ein Trottel sei, und er fährt dann auch gleich weiter.

So sieht das aus, wenn man auf einer Schnellstraße stehenbleibt und von einem Renault Partner gerammt wird.

Ich rufe Arnd an, damit er das Auto abschleppt, und während wir warten, kommen zwei Gendarmen auf Motorrädern vorbei, gucken sich alles an, regeln ein wenig den Verkehr (Ergebnis: Noch ein Unfall weiter vorne, aber nur ganz leicht) und sind sich einig, daß wir einen Krankenwagen bräuchten.

In Frankreich kümmert sich die Polizei nur dann um Unfälle, wenn jemand verletzt ist, ansonsten ist denen das vollkommen egal. Da nun aber die Gendarmen den Krankenwagen rufen, kommt auch die Police Nationale, die sich eigentlich um solche Dinge kümmert, um Aussagen aufzunehmen und so.

Wir sind mittlerweile im Krankenhaus, das Auto haben wir in der Obhut von Arnd und Bernhard zurückgelassen, die es netterweise zur nächsten Werkstatt bringen, auf daß die Versicherung einen Blick darauf werfe.

Im Krankenhaus ist natürlich die Hölle los, aber wir werden relativ schnell versorgt. Zwischen Tetanusspritze, Reinigung meines Zehs mit Alkohol (Au, wirklich) und Röntgen werden wir auch noch schnell von der Polizei vernommen.

Am Abend gehe ich noch in's Reisebüro, ich will ja nachwievor nach Hamburg, und lasse mir erklären, daß mein Ticket leider ein Billigticket war, bei dem man nicht einfach einen Flug später fliegen kann. Ich kaufe also ein neues Ticket für den nächsten Tag, für nur FF3500, sozusagen geschenkt.

In Hamburg ist es wie immer angenehm, in diesem Fall sogar sehr, weil erstens der Herbst es diesmal ausgesprochen gut mit uns meint und die ganze Zeit die Sonne auf die Blätter am Boden scheinen läßt. Zweitens bin ich ja anläßlich des 60. Geburtstages meines Vaters da, und deswegen treffe ich mal wieder einige von den seltener gesehen Verwandten.

Wieder zurück nach Frankreich fliege ich einen Tag früher als geplant, weil meine Fahrerin als Folge des Unfalles eine Thrombose im Bein hat. Das hierzu notwendige dritte Ticket kostet diesmal nur FF2500, wow!

Wieder zurück zur Normalität

Der Trip nach Hamburg war der teuerste, den ich je hatte, und das sinnvollerweise natürlich genau zu dem Zeitpunkt, wo ich auch noch meine Steuern zahlen muß und entlassen werde. Naja...

Mittlerweile ist meine Fahrerin wieder heile, zumindest heile genug, daß sie rumspringen kann und sich beim nächsten Basketballspiel (vorgestern) gleich mal wieder den Knöchel verdrehen. Ich wundere mich über gar nichts mehr.

Ein neues Auto hat sie auch schon wieder, die Versicherung hat ihr altes tatsächlich komplett bezahlt, und das neue ist wohl ganz ok, wenn auch leider rot.

Arbeit?

Am 7.11. kommt endlich der offizielle Beschluß: e-acute wird zum 19.11. liquidiert.

Der Konkursverwalter wird uns in den nächsten Tagen erklären, wie das dann genau ablaufen wird. Klar ist wohl, daß ich ab dem 19. keine Arbeit mehr habe. Schlimmer noch: Ich werde keinen Internetzugang mehr haben! Das macht mir natürlich mehr Sorgen...

Und vor allem habe ich keine Lust, mir einen neuen Job zu suchen, das ist nämlich anstrengend, und vor allem zur Zeit auch nicht so einfach, wenn ich die Situation richtig einschätze. Aber naja, man wird sehen...

Ich kann zwar nicht behaupten, ich sei froh, daß dieser ganze Schlamassel endlich zuende ist, weil ich den Schlamassel eigentlich ganz angenehm fand, aber es ist wohl letztendlich wirklich gut.

Französisch für Schöngeister

Gestern habe ich eine neue Wendung gelernt, diesmal aus dem Bereich 'Sozialleben'.

Stellt Euch vor, Ihr seid zu einem Dinner eingeladen, einem einigermaßen offiziellen Dinner, also nicht zum Pizzaessen bei Rothi, sondern so richtig. Der Tisch ist gedeckt, Tischdecke ist weiß und gestärkt, es gibt mehrere Gänge und ebensoviel Besteck, eventuell ist sogar ein Bediensteter anwesend, der serviert.

In einer solchen Situation redet man nicht, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Man sagt nicht 'Scheiße!', wenn einem der Königsberger Klops von der Gabel fällt, man ist eher peinlich berührt. Man probiert, mit seiner Tischnachbarin (denn natürlich hat die Gastbegerin darauf geachtet, abwechselnd Männlein und Weiblein zu setzen) eine interessante und gewitzte Konversation zu führen, je nach Größe der Tafel auch mit allen zugleich.

Dann beendet plötzlich jemand seinen Satz und es ist niemand da, der das Gespräch fortführt. Stille. Man konzentriert sich auf seinen Teller, nimmt einen Happen vom hervorragenden Zwiebelkuchen zu sich, will die Gastgeberin loben und merkt im letzten Moment, daß man das schon zweimal in einer ähnlichen Situation getan hat! Huch! Was nun?

Irgendjemand am Tisch beginnt, Belanglosigkeiten zu sagen, und weil das besser ist als nichts, tun es irgendwann alle. Kennt man ja.

Im Französischen gibt es dafür einen Ausdruck! Man nennt das 'Meubler le silence', 'die Stille möblieren'. Ist das nicht super? Die Franzosen haben echt ein Talent für Euphemismen. Schade nur, daß man diesen Ausdruck nicht öfter verwenden kann.

Sand

Draußen vor dem Fenster ist es gerade orange. Das Gewitter, das gestern allein in Algier fast 300 Tote gefordert hatte, ist auch bei uns zu spüren. Der Wind läßt sich mal wieder richtig gehen, es ist warm, und vor allem ist der Sandgehalt der Luft fast so hoch wie die Feuchtigkeit. Autos sehen alle so aus, als hätten sie gestern erst Paris-Dakkar gefahren, aber das beeindruckenste ist tatsächlich die Farbe des Himmels.

Ich werde mal probieren, ob man das fotografieren kann...

Zumindest ist der plötzliche Wintereinbruch vom 10.11. schon wieder vergessen, und das ist ja auch gut so. Es war nämlich wirklich einen Tag lang empfindlich kühl hier.

Augen auf im Straßenverkehr,
Jan

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